§ 35 EStG: Anrechnung der Gewerbesteuer

Bei Gewerbetreibenden wird die Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer angerechnet. Diese Anrechnung erfolgt nach bestimmten Grundsätzen und ist in § 35 EStG geregelt.

Die Anrechnung beträgt das 3,8-fache des festgestellten Gewerbesteuermessbetrages und ist auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer begrenzt.

Die Begrenzung auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer erfolgt betriebsbezogen (BFH-Urteil III R 7/14 vom 23.06.2013). Dies hat zur Folge, dass bei zwei oder mehr Gewerbebetrieben oder Mitunternehmerschaften in verschiedenen Gemeinden mit unterschiedlichen Hebesätzen kein Ausgleich auf Gesellschafterebene erfolgt. In Gemeinden mit Hebesätzen unter 380% zählt die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer als Grenze. In Gemeinden mit Hebesätzen über 380% wird die Anrechnung auf das 3,8-fache des Messbetrages begrenzt.

Außerdem gibt es eine Verhältnisrechnung (Ermäßigungshöchstbetrag). Dies bedeutet, dass die Einkommensteuer sich nur insoweit ermäßigt, wie sie anteilig auf die im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte entfällt.

Das kann dazu führen, dass die Gewerbesteuer nicht vollständig bei der Einkommensteuer angerechnet wird. Hier ist besonders zu beachten, dass positive und negative Einkünfte innerhalb einer Einkunftsart zu saldieren sind (horizontaler Verlustausgleich). Dagegen sind Einkunftsarten untereinander nicht zu saldieren (vertikaler Verlustausgleich). Auch der Verlustausgleich zwischen Ehegatten erfolgt bei dieser Berechnung nicht.

Ein weiteres Problem ergibt sich bei Mitunternehmerschaften aufgrund des Zurechnungsschlüssels. Wenn bei mehreren Gesellschaftern unterschiedliche Sonderbetriebseinnahmen/-ausgaben existieren, werden diese als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer unterworfen. Der Messbetrag wird hingegen nach dem Gewinnverteilungsschlüssel den Mitunternehmern zugeordnet. Die Anrechnung der Gewerbesteuer beim Gesellschafter mit Sonderbetriebseinnahmen/-ausgaben wird dadurch im Verhältnis zum Gewinn begrenzt. Ein Gesellschafter ohne Sonderbetriebseinnahmen wird danach tendenziell besser gestellt, aber der obigen Thematik der Verhältnisrechnung unterworfen.

Auch bei unterjährigem Gesellschafterwechsel muss die Anrechnung der Gewerbesteuer beachtet werden. Hierzu erging ein BFH Urteil per 14.01.2016 (IV R 5/14). Darin wurde entschieden, dass nur derjenige Anrechnungsberechtigt ist, der zum Zeitpunkt der Entstehung der Gewerbesteuer Gesellschafter/Mitunternehmer war. Die Gewerbesteuer entsteht immer zum Ende des Erhebungszeitraumes. Somit wird gegebenenfalls dem scheidenden Unternehmer der Gewinn zugerechnet und der Einkommensteuer unterworfen, eine Anrechnung erfolgt jedoch nicht, da ihm kein Gewerbesteuermessbetrag zugeordnet wird. Der eintretende Gesellschafter/Mitunternehmer hat keine/geringe Einkünfte aus Gewerbebetrieb und somit verfällt die Gewerbesteuer evtl. aufgrund der Verhältnisrechnung.

Im diesem Zusammenhang ist auch auf die Definition des Mitunternehmerbegriffes nach BFH-Urteil IV R 41/14 vom 13.07.2017 zu verweisen. Da durch ein Aberkennen der Mitunternehmerinitiative oder des Mitunternehmerrisikos auch der Anspruch auf Anrechnung nach § 35 EStG verloren geht.