Erstausbildung = Sonderausgaben

Ein langjähriges Streitthema waren die Kosten für ein Erststudium/ eine Erstausbildung (ohne Dienstverhältnis). Besonders bei Ausbildungen mit hohem Kostenaufwand wie einer Berufspilotenausbildung oder einem Arztstudium kam es immer wieder zu Klagen, um diese Kosten als vorweggenommene Werbungskosten ansetzen zu können. Hintergrund dafür war, dass die Sonderausgaben begrenzt sind und sich zudem im Jahr des Anfalls der Kosten aufgrund von fehlenden Einnahmen nicht auswirken. Ein Verlustvortrag ist bei Sonderausgaben nicht möglich.

Mit Beschluss vom 19.11.2019 hat das Bundesverfassungsgericht nun in 6 Fällen entschieden, dass das Verbot von Kosten für eine Erstausbildung als Werbungskosten (§ 9 Abs. 6 EStG) nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Als Begründung wurde angeführt, dass eine Erstausbildung persönlichkeitsprägenden Charakter habe und somit immer privat mitveranlasst ist. Auch die Begrenzung der Sonderausgaben auf aktuell 6.000 € (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) ist verfassungskonform. Laut Bundesverfassungsgericht wird der existenzielle Bedarf eines Auszubildenen während der Erstausbildung grundsätzlich durch die zivilrechtliche Unterhaltspflicht der Eltern gedeckt und/oder durch Leistungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes unterstützt.

Die Differenzierung zu einer Erstausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses hat das Gericht ebenfalls anerkannt, da hier einer aktuell ausgeübten Erbwerbstätigkeit mit einer entsprechenden Vergütung nachgegangen wird. Die Kosten können als Werbungskosten abgesetzt werden. Sie mindern entweder im Jahr der Entstehung oder im Rahmen des Verlustvortrages die Steuerlast.

Der (vorweggenommene) Werbungskostenabzug ist auch bei einer Zweitausbildung möglich. Als letztere gelten lt. Beschluss: „Aus- und Weiterbildungen für den bereits ausgeübten Beruf oder für eine Spezialisierung in der bisherigen Berufstätigkeit ebenso wie Umschulungen oder eine völlige berufliche Neuorientierung.“ Somit sind z.B. Masterstudiengänge immer Zweitausbildungen.

Wenn eine kostenintensive Ausbildung angestrebt wird, ist es somit vorteilhaft zunächst eine andere Ausbilung abzuschließen, die die Kriterien des § 9 Abs. 6 EStG erfüllt. Diese muss nicht zwingend mit der folgenden Ausbildung in Zusammenhang stehen.