Sozialversicherungsprüfung – KEINE Säumniszuschläge bei nur fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungspflicht

Wird im Rahmen einer Sozialversicherungsprüfung eine Nachzahlung fällig, werden

grundsätzlich hohe Säumniszuschläge erhoben. Das Verschulden des säumigen

Zahlungspflichtigen wird in aller Regel unterstellt. Die Sozialversicherungsprüfer

sind bei der Festsetzung der Säumniszuschläge sehr hart und vergessen mitunter

den Abs. 2 des § 24 SGB IV.

Nach § 24 Abs. 1 SGB IV ist für Beiträge, die ein Zahlungspflichtiger nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumnis-

zuschlag von 1% des rückständigen, auf 50 € nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen.

Der Absatz 2 des § 24 SGB IV. lautet: „wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.“

Damit stellt sich die Frage, ob ein Verschulden vorliegt.

In einem aktuellen Streitfall (BSG Urteil vom 12.12.2018, B 12 R 15/18 R) forderte die Deutsche Rentenversicherung von der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge sowie Säumniszuschläge von rund € 20.000,00.

Dieser Fall ging bis vor das Bundessozialgericht (BSG). Das BSG hat nun entschieden, welcher Maßstab für das Verschulden anzuwenden ist. Dabei gilt folgendes: „Kenntnis von der Zahlungspflicht bedeutet, dass der Arbeitgeber sicher weiß, rechtlich und tatsächlich zur Beitragszahlung verpflichtet zu sein.“

Ob in jenem Streitfall die fehlende Beitragszahlung unverschuldet ist, bestimmt sich nicht nach 276 BGB, sondern nach einem eigenen Verschuldensmaßstab. Verschulden setzt

nach Ansicht des BSG wenigstens bedingten Vorsatz voraus.

Daher sollte gerade bei Prüfungen, welche ältere Jahre betreffen, die Thematik besondere Beachtung finden.

Wegweisendes EuGH- Urteil – Rechnung keine zwingende Voraussetzung für den Vorsteuerabzug

Im deutschen Umsatzsteuerrecht ist klar geregelt, dass eine ordnungsgemäße Rechnung zwingende Voraussetzung für die Gewährung des Vorsteueranspruches ist.

Der EuGH hat bereits in mehreren Urteilen erkennen lassen, dass er an die Ordnungsmäßigkeit einer Rechnung weit weniger strenge Maßstäbe legt, als dies im deutschen Umsatzsteuergesetz vorgeschrieben ist.

Mit einem weiteren aktuellen Urteil vom 21.11.2018 in der Sache Vadan (C-664/16) hat er nun entschieden, dass selbst bei Nichtvorliegen einer Rechnung ein Vorsteuerabzug möglich ist, sofern die rein materiellen Voraussetzungen für einen solchen vorliegen.

Als diese zählen:

  1. Der Leistungsempfänger ist vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer.
  2. Die bezogenen Leistungen werden in der Folge für Zwecke seiner umsatzbesteuerten Umsätze verwendet.
  3. Die Eingangsleistungen werden von einem anderen Unternehmer erbracht.

Der Unternehmer ist in der Pflicht, den objektiven Nachweis zu erbringen, dass die genannten materiellen Voraussetzungen vorliegen.

Wie allerdings dieser objektive Nachweis konkret aussehen soll, hat der EuGH nicht abschließend geklärt.

Es ist davon auszugehen, dass anhand von alternativen Unterlagen wie Lieferscheinen, Empfangsbestätigungen etc. ein entsprechender Nachweis erbracht werden kann.

Im Widerspruch zum deutschen Umsatzsteuerrecht sieht der EuGH als weitere materielle Voraussetzung für den Vorsteuerabzug, dass der Mehrwertsteuerbetrag durch den Leistungsempfänger tatsächlich entrichtet wurden ist.

Lt. Umsatzsteuergesetz besteht der Anspruch auf Vorsteuerabzug ohne Zahlung eines Entgeltes bereits dann, wenn eine Rechnung vorliegt und die entsprechende Leistung erbracht wurde.

Aktuell können sich Steuerpflichtige somit bei Verwehrung des Vorsteueranspruches durch das Finanzamt aufgrund fehlender Rechnungen im Klageverfahren auf dieses EuGH- Urteil berufen.

Diese Rechtsprechung sollte als Notnagel bei entsprechenden Streitigkeiten mit dem Finanzamt herangezogen werden.

Da aktuell nach deutschem Recht die bisherigen Regelungen zum Vorsteuerabzug unverändert sind, sollte auch weiterhin auf das Vorliegen ordnungsgemäßer Rechnungen durch den Unternehmer geachtet werden.

Bauhauptgewerbe

Einleitung

In Deutschland sind circa 820.000 Menschen im Bauhauptgewerbe beschäftigt.

Unternehmen, welche dem Bauhauptgewerbe zugerechnet werden, beschäftigen sich überwiegend mit der Ausführung desRohbaus in Hoch- und Tiefbau sowie dem Straßenbau.

Auch das Stuckateurgewerbe und die Zimmerei gehören zum Bauhauptgewerbe.

Aufgrund des komplexen Zusammenwirkens und der Vielfalt der zu beachtenden Vorschriften gehören die Regelungen des Baugewerbes zu den schwierigsten arbeitsrechtlichen Rechtsgebieten überhaupt.

Aus diesem Grund wurde seit 1949 zur Absicherung und Unterstützung sowohl für die Arbeitgeber, als auch für die Arbeitnehmer entsprechende Einrichtungen (ZVK und ULAK) gegründet, welche letztendlich 2001 unter dem gemeinsamen Namen SOKA-BAU auftreten.

Die SOKA-BAU hat die Aufgabe Unternehmen zu überprüfen, ob diese dem Bauhauptgewerbe angehören und die damit verbundene Teilnahme an den Sozialkassenverfahren der Bauwirtschaft verbindlich ist.

Sobald eine schriftliche Bestätigung von der SOKA-BAU bezüglich der Zugehörigkeit des Betriebes zur Bauwirtschaft vorliegt, muss sich der Arbeitgeber zunächst mit den Rechten und Pflichten aus dem Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) vertraut machen.

Die Rechte und Pflichten umfassen unter anderem folgende Punkte:

– Arbeitszeit und Flexibilisierungsmöglichkeiten

– Lohngruppen

– Zuschläge und Zulagen

– 13. Monatseinkommen

– Erholungsurlaub

– Vorgaben zur Kündigung

– Ausschlussfristen

 

Mindestlohn

Die allgemeine Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen für in dem Betrieb beschäftigte gewerbliche Arbeitnehmer und Abzubildende wird von den zentralen Tarifvertragsparteien getroffen. Dadurch erfolgt je nach Ausbildung, Fertigkeit und Kenntnis eine Eingruppierung in eine der 6 verschiedenen Lohngruppen. Diese muss dem Arbeitnehmer nach Vereinbarung innerhalb eines Monates schriftlich bestätigt werden.

Anschließend besteht Anspruch auf den Gesamttarifstundenlohn der für den Arbeitnehmer maßgebenden Lohngruppe.

Wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer bundesweit einsetzt und der dort festgelegte Mindestlohn höher ist, dann hat der Arbeitnehmer für die Dauer seines Einsatzes einen Anspruch auf den höheren Mindestlohn.

 

Lohngruppenübersicht in Kurzform:

Lohngruppe 1 – Werker/ Maschinenwerker

Lohngruppe 2 – Fachwerker/ Maschinisten/ Kraftfahrer

Lohngruppe 3 – Facharbeiter/ Baugeräteführer/ Berufskraftfahrer

Lohngruppe 4 – Spezialfacharbeiter/ Baumaschinenführer

Lohngruppe 5 – Vorarbeiter/ Baumaschinen-Vorarbeiter

Lohngruppe 6 – Werkpolier/ Baumaschinen-Fachmeister

 

Die Mindestlöhne werden in Deutschland nach Ost, West und Berlin unterteilt. Ab dem 01.03.2019 beträgt der Mindestlohn für den Osten der Lohngruppen 1 und 2 = 12,20 €.

Im Westen beträgt dieser bei der Lohngruppe 1 = 12,20 € und

bei der Lohngruppe 2 = 15,20 €.

In Berlin beträgt dieser bei der Lohngruppe 1 = 12,20 € und bei der Lohngruppe 2 = 15,05 €.

 

Arbeitszeit

In dem Bauhauptgewerbe unterscheidet man in Winterarbeitszeit und Sommerarbeitszeit.

Winterarbeitszeit

 – gilt von Dezember bis März
Montag bis Donnerstag 8 Stunden
Freitag 6 Stunden
Wochenarbeitszeit 38 Stunden

 

Sommerarbeitszeit

– gilt von April bis November
Montag bis Donnerstag 8,5 Stunden
Freitag 7 Stunden
Wochenarbeitszeit 41 Stunden

 

Saison-Kurzarbeitergeld (KUG) und ergänzende Leistungen

Um eine Entlassung der gewerblichen Arbeitnehmer aufgrund von Arbeitsmangel oder bei saisonalen Arbeitsausfällen in der Schlechtwetterzeit zu vermeiden, wurde das Saison-Kurzarbeitergeld sowie die ergänzenden Leistungen eingeführt.

Konkret handelt es sich um folgende Leistungen:

  1. Saison-Kurarbeitergeld gem. § 101ff. SGB III
  2. Mehraufwands-Wintergeld (MWG) ergänzende Leistungen
  3. Zuschuss-Wintergeld (ZWG)
  4. Sozialaufwandserstattung § 102 SBG III

Die Finanzierung der ergänzenden Leistung (Mehraufwands-Wintergeld, Zuschuss-Wintergeld, Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 102 SGB III) erfolgt durch eine branchenspezifische Umlage.

Umlagepflichtig sind die Arbeitgeber des Baugewerbes, in deren Betrieb die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist.

Aktuell umfasst diese Umlagepflicht folgende Betriebe:

– des Baugewerbes

– des Gerüstbauerhandwerks

– des Dachdeckerhandwerks

– des Garten- und Landschaftsbaus (§ 1 Winterbeschäftigungs-Verordnung)

 

  1. Saison-Kurzarbeitergeld gem. § 101ff. SGB III

Gemäß § 111 Abs. 1 SGB III haben Arbeitnehmer/-innen in der Zeit vom 01.12. bis 31.03. (Schlechtwetterzeit) einen Anspruch auf Saison-Kurzarbeitergeld, wenn sie in einem Betrieb des Baugewerbes (Geltungsbereich des Bundesrahmentarifvertrages Bau) oder dem Baunebengewerbe beschäftigt sind.

Die dafür entstandenen Leistungen kann der Arbeitgeber nachträglich bei der Agentur für Arbeit schriftlich für den jeweiligen Anspruchszeitraum (Kalendermonat) bis spätestens zum 15. des Folgemonats beantragen.

Wichtige Voraussetzung hierfür ist, dass der Arbeitnehmer versicherungspflichtig beschäftigt ist und nicht gekündigt wurde.

Eine weitere Kernvoraussetzung ist, dass ein Arbeitsausfall aufgrund von witterungsbedingten Gründen eintritt oder auf einem unabwendbaren Ereignis beruht. Zusätzlich müssen alle Maßnahmen seitens des Betriebes ergriffen werden, um den Arbeitsausfall zu vermeiden. Wichtig hierfür ist insbesondere die Nutzung von Arbeitszeitkonten (Zeitguthaben) im Rahmen flexibler Arbeitszeiten, sowie die betrieblichen und organisatorischen Vorkehrungen.

Saison-KUG wird grundsätzlich ab der ersten Ausfallstunde gezahlt, vorausgesetzt, dass das Arbeitszeitguthaben aufgebraucht ist.

Die Höhe des Saison-KUGs berechnet sich nach denselben Vorschriften wie das konjunkturelle Kurzarbeitergeld.

Es beträgt nach § 105 SBG III:

– 67 % für Arbeitnehmer die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz (mind. 0,5 Kinderfreibetrag lt. Lohnsteuerkarte) erfüllen würden

und

–  60 % für die übrigen Arbeitnehmer

der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum. Die Nettoentgeltdifferenz entspricht dem Unterschiedsbetrag zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Sollentgelt und dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Istentgelt.

  1. Mehraufwands-Wintergeld (MWG)

Arbeitnehmer die auf einem witterungsbedingten Arbeitsplatz beschäftigt sind (gem. § 102 Abs. 3 SGB III) erhalten in der Zeit vom 15. Dezember bis zum letzten Kalendertag im Februar für jede geleistete berücksichtigungsfähige Arbeitsstunde ein Mehraufwands-Wintergeld in Höhe von 1,00 €.

  1. Zuschuss-Wintergeld (ZWG)

Gemäß § 102 Abs. 2 SGB III wird für jede in der Schlechtwetterzeit ausgefallene Arbeitsstunde ein Zuschuss-Wintergeld in Höhe von 2,50 € gewährt, wenn durch die Auflösung von Arbeitszeitguthaben die Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld vermieden werden kann.

  1. Sozialaufwandserstattung § 102 SBG III

Arbeitgeber haben gemäß § 102 Abs. 4 SGB III Anspruch auf die Erstattung der von Ihnen zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung, welche in schriftlicher oder in elektronischer Form beantragt werden müssen.

Die zu leistenden Sozialversicherungsbeiträge werden auf der Grundlage von 80 % des Unterschiedsbetrages zwischen Soll- und Ist-Entgelt (fiktives Arbeitsentgelt) berechnet.

 

Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz

Der Arbeitnehmer muss schriftlich über die Mitführung und Vorlagepflicht der Ausweispapiere wie Personalausweis, Sozialversicherungsausweis, Pass, Passersatz oder Ausweisersatz hingewiesen werden, sowie die damit verbundene Vorlagepflicht auf Verlangen von den Behörden der Zollverwaltung oder nach diesem Gesetz zu ständigen Behörden.

Laut § 28a SGB III ist das Baugewerbe ein gefährdetes Gewerbe und unterliegt somit bei dem Zoll einer Sofortanmeldepflicht. Das heißt der Arbeitgeber muss den Tag des Beginns des Beschäftigungsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer spätestens bei dessen Aufnahme an die Datenstelle der Rentenversicherung melden.

 

§ 35 EStG: Anrechnung der Gewerbesteuer

Bei Gewerbetreibenden wird die Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer angerechnet. Diese Anrechnung erfolgt nach bestimmten Grundsätzen und ist in § 35 EStG geregelt.

Die Anrechnung beträgt das 3,8-fache des festgestellten Gewerbesteuermessbetrages und ist auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer begrenzt.

Die Begrenzung auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer erfolgt betriebsbezogen (BFH-Urteil III R 7/14 vom 23.06.2013). Dies hat zur Folge, dass bei zwei oder mehr Gewerbebetrieben oder Mitunternehmerschaften in verschiedenen Gemeinden mit unterschiedlichen Hebesätzen kein Ausgleich auf Gesellschafterebene erfolgt. In Gemeinden mit Hebesätzen unter 380% zählt die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer als Grenze. In Gemeinden mit Hebesätzen über 380% wird die Anrechnung auf das 3,8-fache des Messbetrages begrenzt.

Außerdem gibt es eine Verhältnisrechnung (Ermäßigungshöchstbetrag). Dies bedeutet, dass die Einkommensteuer sich nur insoweit ermäßigt, wie sie anteilig auf die im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte entfällt.

Das kann dazu führen, dass die Gewerbesteuer nicht vollständig bei der Einkommensteuer angerechnet wird. Hier ist besonders zu beachten, dass positive und negative Einkünfte innerhalb einer Einkunftsart zu saldieren sind (horizontaler Verlustausgleich). Dagegen sind Einkunftsarten untereinander nicht zu saldieren (vertikaler Verlustausgleich). Auch der Verlustausgleich zwischen Ehegatten erfolgt bei dieser Berechnung nicht.

Ein weiteres Problem ergibt sich bei Mitunternehmerschaften aufgrund des Zurechnungsschlüssels. Wenn bei mehreren Gesellschaftern unterschiedliche Sonderbetriebseinnahmen/-ausgaben existieren, werden diese als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer unterworfen. Der Messbetrag wird hingegen nach dem Gewinnverteilungsschlüssel den Mitunternehmern zugeordnet. Die Anrechnung der Gewerbesteuer beim Gesellschafter mit Sonderbetriebseinnahmen/-ausgaben wird dadurch im Verhältnis zum Gewinn begrenzt. Ein Gesellschafter ohne Sonderbetriebseinnahmen wird danach tendenziell besser gestellt, aber der obigen Thematik der Verhältnisrechnung unterworfen.

Auch bei unterjährigem Gesellschafterwechsel muss die Anrechnung der Gewerbesteuer beachtet werden. Hierzu erging ein BFH Urteil per 14.01.2016 (IV R 5/14). Darin wurde entschieden, dass nur derjenige Anrechnungsberechtigt ist, der zum Zeitpunkt der Entstehung der Gewerbesteuer Gesellschafter/Mitunternehmer war. Die Gewerbesteuer entsteht immer zum Ende des Erhebungszeitraumes. Somit wird gegebenenfalls dem scheidenden Unternehmer der Gewinn zugerechnet und der Einkommensteuer unterworfen, eine Anrechnung erfolgt jedoch nicht, da ihm kein Gewerbesteuermessbetrag zugeordnet wird. Der eintretende Gesellschafter/Mitunternehmer hat keine/geringe Einkünfte aus Gewerbebetrieb und somit verfällt die Gewerbesteuer evtl. aufgrund der Verhältnisrechnung.

Im diesem Zusammenhang ist auch auf die Definition des Mitunternehmerbegriffes nach BFH-Urteil IV R 41/14 vom 13.07.2017 zu verweisen. Da durch ein Aberkennen der Mitunternehmerinitiative oder des Mitunternehmerrisikos auch der Anspruch auf Anrechnung nach § 35 EStG verloren geht.

Umsatzsteuerbescheinigung im Onlinehandel

Mit Wirkung zum 01.01.2019 wurden per Gesetz neue Aufzeichnungspflichten und Haftungsrisiken für Betreiber elektronischer Marktplätze (z.B. Amazon oder Ebay) geschaffen.

Die Paragraphen 22f und 25e wurden neu im Umsatzsteuergesetz aufgenommen.

Danach muss der Marktplatzbetreiber insbesondere aufzeichnen und auf Anforderung dem jeweiligen Finanzamt übermitteln:

–    den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des liefernden Unternehmers,

–    den Ort des Beginns der Beförderung oder Versendung sowie den Bestimmungsort,

–    den Zeitpunkt und die Höhe des Umsatzes.

Die auf dem Onlinemarktplatz handelnden Unternehmer müssen dem Marktplatzbetreiber eine Bescheinigung über die Erfassung als Steuerpflichtiger (Unternehmer) im Sinne des § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG vorlegen.

Diese Bescheinigung kann beim zuständigen Finanzamt mit dem bundeseinheitlichen Vordruckmuster USt 1 TJ beantragt werden.

Die neuen Aufzeichnungspflichten des Marktplatzbetreibers gelten ab 01.03.2019 (für Lieferungen von Händlern aus Nicht- EU/EWR- Staaten) bzw. ab 01.10.2019 (für Lieferungen von Händlern aus EU/EWR- Staaten).

Die Marktplatzbetreiber werden die Bescheinigung rechtzeitig anfordern, weil sie sonst für nicht entrichtete Umsatzsteuerbeträge ihrer Anbieter haften.

Keine Pflicht zur Vergabe lückenlos fortlaufender Rechnungsnummern bei Einnahme- Überschuss- Rechnern

Für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG besteht keine Pflicht zur Vergabe numerisch fortlaufender und systembedingt damit „nachprüfbarer“ Rechnungs- nummern. Diese Pflicht ergibt sich weder aus dem Vollständigkeitsgebot des § 146 AO noch aus den bestehenden umsatzsteuerlichen Pflichten (§§ 22, 14 UStG).

In dem Urteil des FG Köln vom 07.12.2017, Az.: 15K1122/16 ging es um Hinzuschätzungen nach einer steuerlichen Außenprüfung, da die Ausgangsrechnungen des Klagenden keine „ordnungsgemäß“ fortlaufenden Rechnungsnummern enthielten.

Die vom Kläger verwendeten Rechnungsnummern wurden durch eine Kombination aus Geburtsdatum des Kunden und Rechnungsdatum computergesteuert erzeugt. Jede Rechnungsnummer wurde nur einmalig vergeben, jedoch bauten diese aber nicht numerisch fortlaufend aufeinander auf. Die Außenprüfung stellte jedoch keine konkreten Fälle einer Nichterfassung oder fehlerhaften Erfassung von Ausgangsrechnungen beim Kläger fest. Das Finanzgericht beurteilte das Rechnungsnummernsystem des Beklagten als korrekt, die Lücken zwischen den Rechnungsnummern seien systembedingt.

Der klagende Unternehmer, der nicht buchführungspflichtig war, ermittelte seinen Gewinn, wie bereits erwähnt, per Einnahme-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG). Aus dieser Vorschrift lässt sich aber keine konkretisierte Pflicht zur Vergabe einer nicht bloß einmaligen, sondern zudem numerisch fortlaufenden lückenlosen Rechnungsnummer entnehmen.

Für ertragsteuerliche Zwecke kann eine solche Pflicht auch nicht aus dem § 14 UStG hergeleitet werden. Diese Norm steht aus Sicht des Finanzgerichts systematisch im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug nach § 15 UStG.

Es lässt sich insgesamt feststellen, dass das Thema Rechnungsnummernvergabe dem Steuerpflichtigen erhalten bleibt. Mit dem Urteil wird zwar die Systematik der Rechnungskreise erweitert, aber nur wenn diese klar definiert sind.

Erstellung einer Verfahrensdokumentation zur Nachvollziehbarkeit betrieblicher Abläufe als Bestandteil der GoDB

Im Zusammenhang mit der zunehmenden Digitalisierung wird die Finanzverwaltung bei zukünftigen Betriebsprüfungen die Vorlage von sog. Verfahrensdokumentationen verlangen, anhand derer sie die betrieblichen Abläufe, insbesondere den Umgang mit digital verarbeiteten Daten im Unternehmen nachvollziehen kann.

Grundlage hierfür sind die Regelungen in den GoDB (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff).

Die gesetzlichen Grundlagen hierfür ergeben sich aus der Abgabenordnung.

Es muss daher prinzipiell jeder Steuerpflichtige bereits jetzt entsprechende Dokumentationen zusammenstellen, um später bei Betriebsprüfungen die formelle Richtigkeit und Vollständigkeit der Buchführung nachweisen zu können.

Derzeit gibt es keine Vereinfachungsregelungen für kleine Unternehmen, auf welche man sich verbindlich stützen kann.

Bestimmte Muster oder vorgegebene Inhalte gibt die Finanzverwaltung nicht vor, da jeder Betrieb individuell ist und somit Eigenheiten unterliegt, welche gerade in diesen Dokumentationen nachvollziehbar erläutert werden sollen.

Wir unterstützen Sie gern bei Fragen zum Inhalt und zur Erstellung entsprechender Dokumentationen.

A1 – Bescheinigung

Seit dem Jahr 2010 sind Arbeitnehmer und Selbstständige gesetzlich verpflichtet, jede grenzüberschreitende Tätigkeit innerhalb der EU (inkl. Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz) beim zuständigen Versicherungsträger anzuzeigen. Das bedeutet, dass für jede noch so kurze grenzüberschreitende Tätigkeit ab dem 1. Tag eine A1-Bescheinigung notwendig ist.

Die A1-Bescheinigung kann bei der zuständigen Krankenkasse, bei dem GKV-Spitzenverband oder der Deutschen Rentenversicherung Bund beantragt werden.

 

Schutz vor doppelter Beitragszahlung

Sofern ein Auftrag im Ausland mit dem eigenen Personal abgewickelt werden soll, wären neben der Beitragspflicht in Deutschland auch Beiträge im Ausland fällig. Um diese Doppelverbeitragung zu vermeiden, sehen die Regelungen des europäischen Gemeinschaftsrechts vor, dass bei einer Entsendung in einen anderen EU-Staat unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin allein die deutschen Rechtsvorschriften gelten. Dies muss der entsandte Mitarbeiter im Beschäftigungsstaat mit einer A1-Bescheinigung nachweisen.

 

Ab 01.01.2019 ist das neue maschinelle Antrags- und Bescheinigungsverfahren für A1-Bescheinigungen verpflichtend. Die Verwendung der Antragsvordrucke ist nicht mehr zulässig. Zu beachten ist, dass dem Arbeitnehmer oder dem Selbstständigen die A1-Bescheinigung als farbigen Ausdruck zur Verfügung gestellt werden muss.

Aufgrund der Herausforderungen bei der Umsetzung des Verfahrens haben die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung eine Übergangsregelung geschaffen. Trotz der bestehenden Verpflichtung können Arbeitgeber Anträge im begründeten Einzelfall bis zum 30.06.2019 weiterhin in Papierform stellen

Wahl der Veranlagungsart

Steuerpflichtige die unverheiratet sind oder dauernd getrennt leben haben eine Einzel-Steuererklärung nach § 26a EStG abzugeben. Bei Ihnen wird der Grundtarif nach § 32a Abs. 1 EStG berücksichtigt.

Ehegatten und eingetragene Lebenspartner können stattdessen die Zusammen-veranlagung nach § 26b EStG wählen, wenn beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben. Die Bedingungen müssen mindesten an einem Tag im Kalenderjahr vorgelegen haben um den Splittingtarif nach § 32a Abs. 5 EStG anzuwenden.

Die Wahl der Zusammenveranlagung muss gemeinsam erfolgen. Sollte einer der beiden Ehegatten die Einzelveranlagung wählen, so ist auch der andere zur Einzelveranlagung verpflichtet. Dieser Antrag auf Einzelveranlagung ist rechtsunwirksam, wenn der beantragende Ehegatte keine eigenen positiven oder negativen Einkünfte hat oder diese so gering sind, dass sie weder dem Steuerabzug unterlegen haben noch zu einer Veranlagung führen können.

Das Wahlrecht der Veranlagungsart nach § 26 EStG kann bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheides ausgeübt werden und die getroffene Wahl kann innerhalb dieser Frist frei widerrufen werden. Sobald der/die Bescheid/e unanfechtbar geworden ist/sind, ist eine Änderung nur noch in engen Grenzen möglich. Voraussetzungen sind dann, dass ein die Ehegatten betreffender Bescheid aufgehoben, geändert oder berichtigt wurde und die Wahl der anderen Veranlagungsart dem Finanzamt vor Bestandskraft des neuen Bescheides mitgeteilt wird. Außerdem muss die gemeinsame Einkommensteuer niedriger sein als bei Beibehaltung der Veranlagungsart.

Seit 01.10.2017 gibt es in Deutschland die „Ehe für Alle“. Eingetragenen Lebenspartner können sich seitdem in Ehepartner „umwandeln“. Mit Urteil vom 31.07.2018 (Az. 1 K 92/18) hat das Finanzgericht Hamburg entschieden, das Lebenspartner, die die „Umwandlung“ nutzen, rückwirkend bis 2001 die Zusammenveranlagung trotz bestandskräftiger Bescheide wählen können.

Wenn ein Steuerpflichtiger im selben Jahr geschieden wird und eine neue Ehe eingeht, darf nach § 26 Abs. 1 Satz 2 EStG nur für die neue Ehe die Zusammenveranlagung gewählt werden. Auch hier müssen für beide Ehen die Voraussetzungen für die Zusammen-veranlagung erfüllt sein. Der verbleibende Ehegatte aus der ersten Ehe muss eine Einzelveranlagung durchführen, erhält jedoch nach § 32a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2c EStG gleichfalls den Splittingtarif.

Ebenfalls in § 32a Abs. 6 Satz 1 EStG wird das sogenannte „Gnadensplitting“ geregelt. Für verwitwete Steuerpflichtige ist demnach trotz Einzelveranlagung im Folgejahr des Todesfalles der Splittingtarif anzuwenden, wenn die Voraussetzungen für die Zusammenveranlagung zum Zeitpunkt des Todes erfüllt waren.

Hinzuschätzung bei Kassenmängeln

Ist die Buchführung eines Steuerpflichtigen formell ordnungsgemäß, kann die materielle Richtigkeit nicht allein durch Abweichen der Werte von der Richtsatzsammlung widerlegt werden.

Aus dem Grund ist die Finanzverwaltung auf das Aufspüren formeller Mängel, die die Hinzuschätzung rechtfertigen, fokusiert.

In einem aktuellen im DStG/K veröffentlichten Urteil (BFH vom 14.08.2018, Az. XI, B 2/18) wurde entschieden, dass eine Hinzuschätzung durch das Finanzamt berechtigt ist, wenn Stornierungen in Tagesendsummenbons, den sog. Z- Bons, nicht gesondert ausgewiesen sind.

Aus der Entscheidung lässt sich aber gerade nicht herleiten, dass jeglicher formeller Mangel zur Hinzuschätzung berechtigt.

Vielmehr muss das Finanzamt bezüglich der Höhe der Zuschätzung gesicherte Verfahren anwenden, die die Wirklichkeit bestmöglich abbilden. Dies kann eine Kombination mehrerer Schätzungsmethoden sein.

Es lohnt sich also, bei Hinzuschätzungen des Finanzamtes den Rahmen dafür zu überprüfen.