Referentenentwurf „Wachstumschancengesetz“

Mit Datum vom 17.07.2023 wurde der Referentenentwurf des „Wachstumschancengesetzes“ veröffentlicht. Danach sind unter anderem folgende steuerliche Änderungen geplant:

Einkommensteuer:

  1. Es soll eine Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung von 1.000 € eingeführt werden. Wenn die Einnahmen diese Grenze nicht überschreiten, ist keine Versteuerung notwendig. Wenn die Ausgaben höher sind, kann zur Versteuerung optiert werden.
  2. Die Freigrenze für Geschenke an Geschäftskunden soll von derzeit 35 € auf 50 € angehoben werden. Dies soll für Wirtschaftsjahre mit Beginn nach dem 31.12.2023 gelten.
  3. Die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter soll von 800 € auf 1.000 € angehoben werden. Geplant ist die Erhöhung für Anschaffungen nach dem 31.12.2023
  4. Die derzeit geltenden Pauschalen für den Verpflegungsmehraufwand sollen angehoben werden von 14 € auf 15 € und von 28 € auf 30 €.
  5. Der Freibetrag für Betriebsveranstaltungen soll von 110 € auf 150 € angehoben werden.
  6. Der Anstieg des Besteuerungsanteils der Rente soll auf ein halbes Prozent pro Jahr gesenkt werden. Die volle Besteuerung würde somit erst ab einem Rentenbeginn in 2058 erreicht werden.
  7. Die Dezember-Soforthilfe 2022 für Erdgas soll steuerfrei werden.

Umsatzsteuer:

  1. Die Grenze zur Befreiung von Umsatzsteuervorauszahlungen soll von 1.000 € auf 2.000 € angehoben werden.
  2. Die Grenze der Ist-Besteuerung soll von 600.000 € auf 800.000 € angehoben werden.

Abgabenordnung:

  1. Die Grenzen der Buchführungspflicht sollen von 600.000 € auf 800.000 € beim Gesamtumsatz und von 60.000 € auf 80.000 € beim Gewinn erhöht werden.

Die Verabschiedung im Bundestag ist für den 10.11.2023 und die Zustimmung des Bundesrates für den 15.12.2023 geplant.

 

 

Bewertung von Immobilien

Bei der Bewertung von Immobilien, z.B. für die Erbschaftsteuer, kann der Steuerpflichtige, den niedrigeren gemeinen Wert mittels Gutachten nachweisen. In diesem Nachweis sind alle wertbeeinflussende Umstände zu berücksichtigen.

Was ist aber, wenn dem Betreffenden nicht das gesamte Gebäude gehört, sondern nur ein Bruchteil?

Die Finanzverwaltung steht auf dem Standpunkt, dass so ein Anteil einfach proportional zum Gesamtwert zu berücksichtigen ist.

Demgegenüber eröffnet die Immobilienwertverordnung eine Marktanpassung, weil ein Miteigentumsanteil, da mit Risiken verbunden, eine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit und damit weniger Marktwert hat.

In einer Finanzgerichtsentscheidung wurde letzteres bestätigt, weil ein ordnungsgemäßes Gutachten mit einer stichhaltigen Begründung vorlag. Allerdings wird hierzu der BFH Gelegenheit bekommen das letzte Wort zu sprechen.

Ermäßigte Besteuerung

Nach § 34 EStG können außerordentliche Einkünfte auf Antrag mit einem ermäßigten Steuersatz der Steuer unterworfen werden.

Außerordentliche Einkünfte sind Veräußerungsgewinne, Entschädigungen, Nutzungsvergütungen für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren und Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit, die sich mindestens über zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und mehr als 12 Monate umfasst.

Die ermäßigte Besteuerung, speziell Abs. 3 für Veräußerungsgewinne, beträgt vereinfachend 56% des regulären Steuersatzes, mindestens jedoch 14%.

Diese Vergünstigung kann aber nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden.

Zudem muss der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet haben oder dauernd berufsunfähig sein.

Neben den materiellen Voraussetzungen ist aber auch das Verfahrensrecht zu beachten.

Hierzu ist jetzt höchstrichterlich ein Fall anhängig, der in der Praxis durchaus häufiger vorkommen kann.

Im Kern ging es darum, dass jemand eine KG- Beteiligung veräußerte. Der Einkommensteuerbescheid, der diesen Veräußerungsgewinn enthielt, wurde angefochten.

Im Rahmen dieses Einspruchs wurde der Antrag auf ermäßigte Besteuerung gestellt, dem das Finanzamt stattgab.

Danach wurde bei einer Außenprüfung in der KG der Veräußerungsgewinn gemindert.

Der Steuerpflichtige legte gegen den Änderungssteuerbescheid zur Einkommensteuer Einspruch ein und nahm den Antrag zurück, da er die ermäßigte Besteuerung anderweitig besser nutzen konnte.

Dem widersprach das Finanzamt und verwies dabei auf den Grundlagenbescheid, nämlich bei der KG und darauf, dass ein Anspruch auf Neuausübung des Wahlrechts nicht bestehe.

Unbenommen der noch ausstehenden Entscheidung des Einzelfalles bleibt anzuraten, den Antrag auf ermäßigte Besteuerung nach eingangs genannter Vorschrift genau zu überlegen.

Entlastung von Eltern mit mehreren Kindern in der Pflegeversicherung

Zum 01.07.2023 erfolgt für Eltern mit mehreren Kindern eine Entlastung in der Pflegeversicherung. Aktuell steht das Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz (PUEG) zur Disposition.

Arbeitnehmer/-innen mit mehreren Kindern werden ab dem 2. Kind bis zum 5. Kind in Höhe von 0,25 % je Kind beim Arbeitnehmerbeitrag zur Pflegeversicherung entlastet.

Der Abschlag gilt bis zum Ende des Monats, in dem das Kind jeweils sein 25. Lebensjahr vollendet hat. Anschließend entfällt der Abschlag für diese Kinder.

 

Folgende Beitragssätze sind ab dem 01.07.2023 vorgesehen:

 

Beitrag für                                          Gesamtbeitrag                       Arbeitnehmer

Kinderlose                                          4,00%                                     2,30%

Eltern mit einem Kind                        3,40%                                     1,70%

Eltern mit 2 Kindern                           3,15%                                     1,45%

Eltern mit 3 Kindern                           2,90%                                     1,20%

Eltern mit 4 Kindern                           2,65%                                     0,95%

Eltern mit 5 und mehr Kindern          2,40%                                     0,70%

 

Der Beitragssatz des Arbeitgebers zur Pflegeversicherung bleibt in jedem Fall immer gleich bei 1,70%.

 

Damit der richtige Beitragssatz zur Pflegeversicherung in der Abrechnung ab 07.2023  berücksichtigt werden kann, sind die Arbeitnehmer verpflichtet dem Arbeitgeber einen Nachweis in geeigneter Form (z. B. Geburtsurkunde) über die Anzahl ihrer Kinder und deren Alter vorzulegen.

 

Die Vorgehensweise bei Adoptivkindern ist rechtlich noch nicht abschließend geklärt. Wir empfehlen daher auch in diesen Fällen einen entsprechenden Nachweis zu den Kindern vorzulegen.

Anhebung der Betriebsausgabenpauschale

Für bestimmte Berufsgruppen gibt es eine sog. Betriebsausgabenpauschale. Dies betrifft Einkünfte aus hauptberuflicher schriftstellerischer oder journalistischer Tätigkeit bzw. aus Nebentätigkeiten wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Art bzw. aus Vortrags-, Lehr- und Prüfungstätigkeit.

Diese Betriebsausgabenpauschale wurde für die Veranlagungszeiträume ab 2023 angehoben. Sie beträgt für die hauptberufliche selbstständige oder journalistische Tätigkeit wie bisher 30% der Betriebseinnahmen, höchstens jedoch € 3.600,00 pro Jahr (bisher € 2.455,00).

Bei wissenschaftlich, künstlerischer oder schriftstellerischer Nebentätigkeit sowie Vortrags-, Lehr- und Prüfungstätigkeit beträgt sie 25% der Betriebseinnahmen (wie bisher), jedoch statt höchstens € 614,00 sind es jetzt € 900,00 jährlich.

Diese € 900,00 sind nur einmal zu gewähren. Allerdings kann der Steuerpflichtige nachweislich höhere Ausgaben geltend machen. Die Pauschale ist bei steuerfreien Einnahmen iSd § 3 Nr. 26 EStG ausgeschlossen.

Geeignete Schätzungsgrundlagen

In Außenprüfungen, insbesondere in bargeldintensiven Unternehmen – unter Insidern BMW- Berufe (Bäcker, Metzger, Wirte) genannt – besteht das Ziel, die Buchführung, besser die Kassenbuchführung formell zu verwerfen, um in den Genuss der gelobten Hinzuschätzung zu kommen.

Derzeit ist allerdings beim BFH ein Verfahren anhängig, bei dem das BMF zum Beitritt aufgefordert wurde. Es geht um die Frage, ob die Richtsatzsammlung als ein externer Betriebsvergleich eine zuverlässige Grundlage für Schätzungen bildet.

Da diese Richtsatzsammlung erhebliche praktische Bedeutung hat, ist damit die Frage wichtig, welche Parameter mit welchen statistischen Logiken und Regeln eingehen. Denn für einen Außenstehenden erschließen sich diese nicht.

Insbesondere geht es um folgende Fragen

  • welche Einzeldaten mit welchem Gewicht in die Richtsätze eingehen,
  • wie die regional zum Teil unterschiedlichen Fixkosten beachtet werden,
  • ob und warum Verlustbetriebe unberücksichtigt bleiben,
  • inwieweit erfolgreiche Rechtsbehelfe in die Richtsätze eingehen und vieles andere mehr.

Es empfiehlt sich daher, anhängige Verfahren weiterhin offen zu halten bzw. ein Ruhen etwaiger Einsprüche zu beantragen.

Verlängerung für Investitionsfristen

Da in den vergangenen Jahren Investitionen oftmals nicht möglich waren, hat der Gesetzgeber diese mehrfach verlängert.

In der Spitze wurde damit der Investitionszeitraum von drei Jahren auf sechs Jahre verlängert.

Mit Ablauf des Jahres 2023 gehen damit Investitionsfristen von vier Jahren zu Ende.

Prüfen Sie daher, welche Abzugsbeträge in den betreffenden Jahren geltend gemacht wurden und welche Investitionen noch umzusetzen sind.

Planen Sie für die Realisierung ausreichend Zeit, um das Vorhaben abzuschließen. Die entsprechenden Fristen entnehmen Sie bitte der nachstehenden Übersicht.

 

IAB gebildet im Jahr

 

Ende Investitionsfrist im Jahr
2017, 2018, 2019, 2020

 

2023
2021

 

2024
2022

 

2025

 

 

 

 

§ 23 EStG Ausnahmetatbestand: Nutzung zu eigenen Wohnzwecken

Die Veräußerung eines Grundstückes oder einer Eigentumswohnung innerhalb von 10 Jahren nach dem Anschaffungszeitpunkt wird nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG versteuert. In Satz 3 werden zwei Ausnahmetatbestände genannt:

  1. Ausschließliche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken seit der Anschaffung
  2. Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangen Jahren.

Beide Alternativen setzten voraus, dass die Immobilie dauerhaft zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen selbst genutzt wird. Als unschädlich wird es angesehen, wenn z.B. Familienangehörige mit in der Wohnung leben. Auch ein zeitweiliges Bewohnen reicht aus, wenn das Gebäude dem Steuerpflichtigen in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht.

Mit Urteil X R 94/91 vom 26.01.1994 hatte der BFH entschieden, dass die mittelbare Eigennutzung durch ein Kind im Sinne des § 32 EStG dem Steuerpflichtigen zugerechnet wird. Die Überlassung der Wohnung wird in diesem Fall als „Erfüllung seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung seinem Kind außerhalb des Familienhaushalts eine Wohnung zu Verfügung“ zu stellen, angesehen.

Sobald jedoch neben dem Kind das Gebäude einer weiteren Person, z.B. der geschiedene Ehefrau, überlassen wird, gilt dies nicht mehr als eigene Wohnzwecke, da in diesem Fall die Wohnung nicht mehr Teil des „auf mehrere Örtlichkeiten  verteilten Familienhaushalts“ ist. Auch die Überlassung an Unterhalts statt ist schädlich. Ein unterhaltsberechtigtes Kind zählt typischerweise als zur Lebens- oder Wirtschaftsgemeinschaft des Steuerpflichtigen gehörend. Ein geschiedener Ehepartner zählt nicht dazu. Dies wurde aktuell mit dem Urteil
IX R 11/21 vom 14.02.2023 bekräftigt.

Ein Verkauf innerhalb von 10 Jahren nach Anschaffung z.B. aufgrund einer Scheidungsvereinbarung kann somit steuerpflichtig sein.

Liebhaberei im Steuerrecht

Liebhaberei gibt es auch im Steuerrecht. Anders als vielleicht zunächst erwartet, geht es hier um das Führen eines Betriebes mit permanenten Verlusten. Man könnte es auch als „nicht mit dem nötigen Ernst betrieben“ umschreiben.

Das Finanzamt erwartet bei einem Betrieb über die Gesamtlaufzeit einen sog. Totalgewinn. Wird dies aus Sicht der Verwaltung nicht erreicht, setzt das Finanzamt zunächst die Steuerbescheide als vorläufig fest mit dem entsprechenden Hinweis oder prüft sofort, ob das Unternehmen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt wurde.

Es ist daher sehr empfehlenswert, sich das ursprüngliche Betriebskonzept aufzubewahren.

Auch sind Dokumentationen hilfreich, dass man bei Eintritt in die Verlustzone unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nachjustiert hat und sich möglicherweise dennoch kein Erfolg einstellte.

Hat das Finanzamt Liebhaberei festgestellt, bedeutet das, dass Verluste nicht anerkannt werden.

Das bedeutet aber auch, dass das Betriebsvermögen als solches erhalten bleibt. Dies führt erst im Falle der Beendigung des Unternehmens dazu, dass stille Reserven zu versteuern sind. Allerdings wird für die Zeit der Liebhaberei der Wertzuwachs nicht mit einbezogen.

Problem ist natürlich die Nachweisführung der Werte zum Zeitpunkt des Übergangs in die Liebhaberei bzw. wieder heraus.

Bei der Prüfung durch das Finanzamt, ob Liebhaberei vorliegt, sind aber andererseits die stillen Reserven in die Ermittlung des Totalgewinns einzubeziehen. Hierzu gab es jüngst eine Entscheidung, dass eine bloße Behauptung von stillen Reserven nicht ausreicht, sondern der Wertnachweis in nachprüfbarer, belastbarer Form festgehalten werden muss. Dieser Nachweis kann aber der „Retter in der Not“ sein.

Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung

Vorab entstandene Werbungskosten, welche wirtschaftlich im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stehen, sind mit Bezahlung anzuerkennen.

Dies gilt auch für die Ablöse eines dinglich gesicherten Wohnrechts.

Die ältere Rechtsprechung ging davon aus, dass Kosten zur Beseitigung bestehender Beschränkungen der Eigentumsrechte vorrangig die Substanz betreffen und damit allenfalls zu den Anschaffungskosten zählen.

Dieser ursächliche Veranlassungszusammenhang bleibt bestehen, auch wenn eine doppelte Veranlassung hier durch eine beabsichtigte Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vorliegt.

Die jüngere Rechtsprechung hingegen sieht eine Überlagerung des ursprünglichen Veranlassungszusammenhanges durch Erzielung von Einkünften.

Allerdings muss die Ablösung des Nutzungsrechts in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftserzielung stehen. Dies ist der Fall, wenn damit ökonomisch günstigere Bedingungen geschaffen werden.

Die Ablösung eines dinglich gesicherten (unentgeltlichen) Wohnrechts und die anschließende entgeltliche Vermietung ist solch ein unmittelbarer Zusammenhang.

Das BFH- Urteil vom 20.09.2022 wurde noch nicht amtlich veröffentlicht.

Wird das Finanzamt nun den Werbungskostenabzug akzeptieren?